Im nächsten Sommer ist es exakt 20 Jahre her, dass ich zum
ersten Mal meinen Fuß auf kanadischen Boden gesetzt habe. Dieser 24. Juli 1998
hat mein Leben verändert.
Vielleicht ist es Zufall, vielleicht Schicksal, dass wir
fast um die gleiche Zeit – nur 20 Jahre später – wieder eine Rundreise durch
das Yukon-Gebiet und Alaska planen. Es gibt viele Orte, die wir dort noch nicht
gesehen haben und viele, die wir niemals sehen werden.
Aber es gibt auch Orte, die mit Erinnerungen behaftet sind.
Erinnerungen an Mitglieder unserer Reisegruppe, die schon nicht mehr unter uns
weilen. Erinnerungen an Menschen, die wir dort getroffen haben. Erinnerungen an
Orte, die mich persönlich dazu inspiriert haben, meine ersten Bücher zu
schreiben.
Deshalb war es für mich auch ganz klar, dass ich unbedingt
auf den Spuren meiner ersten Roman-Protagonistin Ronda Baker unterwegs sein
will. Ich will diese Orte wiedersehen, die für mich Inspiration und Entdeckung
zugleich waren. Trotzdem wollen wir natürlich auch noch etwas Neues erfahren.
Es ist gar nicht so einfach, das alles unter einen Hut zu bringen. Aber ich
denke, ich habe es geschafft.
In meiner Ronda-Baker-History-Crime-Reihe, erschienen im
Brighton-Verlag, gibt es Orte, die eine ganz entscheidende Rolle spielen. Sie
sind deshalb auch Etappen unserer Reise nächstes Jahr.
Es beginnt in Whitehorse, der Hauptstadt des
Yukon-Territoriums. Hier lebte und arbeitete die Journalistin Ronda Baker in
Teil 1 der Reihe „Das Grabmal des Häuptlings“. Dieses Grabmal befand sich auf
dem Indianerfriedhof in Champagne, wo wir auf unserem Weg nach Beaver Creek
natürlich einen Stopp einlegen werden. Indianerfriedhöfe sind etwas ganz
Besonderes. Im hohen Norden finden die Bestattungen zunächst meist überirdisch
statt, weil der permanente Frost eine Erdbestattung kaum zulässt. Deshalb
werden Zelte oder sogar kleine Häuser über den Grabstätten errichtet. Eine
davon spielt in meinem Roman eine wesentliche Rolle.
Auch der Ort Beaver Creek hat für mich einen hohen
Erinnerungswert. Nicht nur, dass wir hier vor 20 Jahren sehr erholsame und auch
heitere Stunden verbracht haben. Ronda Baker trifft hier auf außergewöhnliche
Menschen, die ihr bei ihren Recherchen sehr weiterhelfen.
Wir werden hinter Beaver Creek die Grenze zu Alaska
überqueren und einen Zwischenstopp in Tok einlegen. Viel Ruhe gibt es hier
nachts kaum, denn Tok ist die Schlittenhundestadt in Alaska. So viele
Hundezüchter auf kleinstem Raum wie hier, habe ich noch nirgendwo gesehen. Aber
ab Tok endet zunächst einmal die Reise in die Vergangenheit.
Jetzt gehen wir neue Wege beziehungsweise befahren neue
Straßen und suchen neue Ziele. Wir sind auf dem Weg nach Anchorage, der Hauptstadt
von Alaska. Mit einer Zwischenübernachtung in Glennallen liegen fünf Tage vor
uns, in denen wir nicht nur die Stadt, sondern auch die Umgebung erkunden
wollen. Mit etwas Glück gelingt es uns, Kodiak-Bären zu beobachten und
vielleicht sehen wir auch Wale.
Von Anchorage aus geht es über Talkeetna zum Denali
Nationalpark. Das war übrigens auch das eigentliche Urlaubsziel von Ronda Baker
in „Das Grabmal des Häuptlings“. Hingekommen ist sie allerdings nicht. Wir
werden das aber ein zweites Mal erleben, indem wir eine etwa sechsstündige
Bustour durch den Park unternehmen.
Den Denali-Nationalpark muss man einfach erlebt haben. So
viele unterschiedliche Tiere in freier Wildbahn zu sehen, ist etwas Besonderes.
1998 konnten wir die ersten Flugversuche eines kleinen Weißkopfadlers
miterleben, haben Grizzly-Bären mit ihren Jungen spielen sehen und den Caribous
nachgeschaut, die durch die Täler gewandert sind. Über allem thront der Mount
Denali, der damals noch Mt. McKinley hieß. Erst Präsident Obama hat diesem
beeindruckenden Berg seinen indianischen Namen zurückgegeben.
Unsere Reise soll uns danach nach Fairbanks führen, der
nördlichsten Universitätsstadt der USA. Eine Pause werden wir in Nenana machen.
Dieser verschlafene kleine Ort ist einer der Haupthandlungsorte im zweiten Teil
der Ronda-Baker-History-Crime-Reihe („Gold am Pedro Creek“).
Fairbanks spielt
übrigens in fast allen Ronda-Baker-Romanen eine Rolle. Hier findet sie die
Liebe ihres Lebens, hier leben ihre Freunde und hier werden ihre Kinder später
zur Schule gehen.
Mit einem Zwischenstopp in Tok geht es dann über den
Top-of-the-world-Highway nach Dawson City. Dieser Ort ist irgendwie magisch.
Die Zeit scheint hier einfach stillzustehen. Es sieht zum Teil wirklich noch so
aus wie vor mehr als 100 Jahren, als der Abenteurer, Goldsucher und
Schriftsteller Jack London hier eine kleine Hütte bewohnt hat. Wie sich Dawson
City in der Vergangenheit und in der Gegenwart präsentiert, ist übrigens
nachzulesen im dritten Teil der Ronda-Baker-Reihe mit dem Titel „Gracies
Geheimnis“.
Besonders schön finde ich, dass es das Hotel, in dem wir 1998
übernachtet haben, immer noch gibt. Klar, dass ich auch für nächstes Jahr dort
reservieren werde.
Mit einem Zwischenstopp in Carmacks geht es dann wieder
zurück nach Whitehorse. Mein Mann und ich werden in den drei Wochen, die wir
bis dahin unterwegs sind, mehr als 2.700 Kilometer mit dem Auto zurückgelegt
haben.
In Whitehorse beginnt dann der zweite Teil unserer Reise in
die Vergangenheit. Ab hier werden wir aber nicht mehr allein unterwegs sein.
Meine Freundin und unser Enkel reisen uns nämlich hinterher. Zwei Tage haben
wir Zeit, den beiden Whitehorse und die Umgebung zu zeigen.
Dann fahren wir mit der White Pass & Yukon Railroad über
den Whitepass hinunter nach Skagway. Die Fahrt findet mit einer historischen Eisenbahn
statt und führt über weite Strecken entlang des Weges, den 1898 die Goldsucher
zu Fuß und mit 30 Tonnen Gepäck zurücklegen mussten. Nicht alle sind
angekommen, aber der Lockruf des Goldes am Klondike bei Dawson City war einfach
zu stark.
In Skagway, ebenfalls Handlungsort meines Romans „Gold am
Pedro Creek“ machen wir natürlich eine Rast im „Red Onion Saloon“, der eine
bedeutsame Rolle in dem Roman spielt. Auch Teil 4 mit dem Titel „Fluch der
Vergangenheit“ hat Skagway zum Handlungsort.
Abends wartet dann ein Fährschiff des Alaska Marine Highway
System auf uns. Dreieinhalb Tage dauert die Fahrt durch die Inside Passage. An
einigen Haltepunkten kann man aussteigen und sich die Umgebung ansehen. Einer
davon ist Juneau, die ehemalige Hauptstadt von Alaska. Hier sind wir dann auch
wieder beim vierten Teil meine Ronda-Baker-Reihe „Fluch der Vergangenheit“
angekommen. In Juneau findet Ronda bemerkenswerte Spuren, die ihr bei der Aufklärung
grausamer Verbrechen helfen werden.
Das Schiff ist amerikanisches Hoheitsgebiet und die
Passagiere dürfen deshalb das Schiff während der Fahrt entlang der kanadischen
Küste nicht verlassen. Ankunftsort ist Bellingham. Von hier aus werden wir den
Bus nach Vancouver nehmen, der uns also zurück nach Kanada bringt.
Auch in Vancouver werden uns viele liebe Erinnerungen
begleiten. Der Besuch im Stanley Park, das Vancouver Aquarium, die
Capilano-Bridge – eine der längsten frei tragenden Hängebrücken der Welt - und
natürlich Gastown, die historische Altstadt sind einfach traumhaft. Geplant ist
außerdem eine Walbeobachtungstour, um mit etwas Glück Orcas zu sehen.
Nach viereinhalb Wochen heißt es dann Abschied nehmen. Für
meinen Mann und mich wird das sicher eine sehr emotionale Reise. Vor zwanzig
Jahren haben uns gute, leider bereits verstorbene Freunde begleitet und ich bin
sicher, dass wir uns an viele einzelne Begebenheiten mit Spaß, aber auch mit
Wehmut erinnern werden. Außerdem ist es unser Abschied von Kanada und Alaska,
denn es wird unsere letzte große Reise sein.
Ich habe mir vorgenommen, ein Reisetagebuch zu führen. So
kann ich die vielen Augenblicke festhalten, die uns bewegen werden. Wer weiß,
vielleicht gibt es dann noch einmal einen neuen Roman mit spannenden
Geschichten über die First Nations, den Goldrausch und zwei außergewöhnliche
Länder.
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